Skip to content

:: Abdecken stationärer Videokameras während Versammlungen - Anfrage an den Oberbürgermeister der Stadt Kassel ::

Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom März 20201 besagt, daß das Polizeipräsidium Köln die polizeilich betriebenen Videokameras während Versammlungen abdecken muß.

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main wandte sich im Zuge eigener Bemühungen2 zur Aufarbeitung von polizeilich betriebenen Überwachungskameras an den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) und erhielt folgende Stellungnahme:

Der Sichtweise aus der Rechtsprechung, welche fordert, dass eine kriminalpräventive Videoüberwachung bzw. die Kameras während Versammlungen für die Versammlungsteilnehmer/innen sichtbar abgeschaltet sein müssen, schließe ich mich an […]

Vor diesem Hintergrund fragten wir am 14.03.2021 (noch vor dem desaströsen Querdenkerkarneval) per E-Mail beim gewählten Oberbürgermeister der Stadt Kassel im Rahmen eines Bürgeranliegens nach, ob denn für Kassel – ausgehend von o.g. Urteil und der Einschätzung des HBDI – ein Abdecken der polizeilich betriebenen Überwachungskameras in der Kasseler Innenstadt während Versammlungen angedacht sei, weiter erkundigten wir uns nach seinem Verhältnis zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in der Funktion als Oberbürgermeister. Erhalten hat er einen kurzen aber präzise formulierten Fragenkatalog.

Antwort erhielten wir nicht wie gewünscht vom Oberbürgermeister, sondern vom Ordnungsdezernenten der Stadt Kassel Herrn Stochla, welcher uns zur Antwort gab:

In Kassel wird im öffentlichen Raum ausschließlich durch die Polizei eine offene Videoüberwachung vorgenommen. Dabei werden die rechtlichen Vorgaben eingehalten.“

Auch teilte er mit, daß unsere Anfrage in seinen Zuständigkeitsbereich fallen würde.

Wir bedauern an dieser Stelle sehr, daß der gewählte Oberbürgermeister Geselle offenbar keine Notwendigkeit sieht, Bürgeranfragen und -sorgen zum Thema „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“ zu beantworten. Wir zeigen uns irritiert darüber, daß im Rathaus Bürgeranfragen an dezidiert ausgewählte Dezernate, an andere de facto nicht befragte Dezernate zur Bearbeitung weitergeleitet werden. Weiter nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, daß Herr Stochla als Ordnungsdezernent den an Herrn Geselle gesandten Fragenkatalog offenbar nicht gelesen hat, da seine Antwort (welche es perspektivisch unsererseits noch an anderer Stelle zu diskutieren und prüfen gilt) höchstens ansatzweise unsere Fragestellungen tangiert.

Herr Geselle und auch Herr Stochla haben bereits im vergangenen Jahr unrühmlich Aufmerksamkeit erregt, als es um das Thema Videoüberwachung in der Kasseler Innenstadt ging (hierzu sei verwiesen auf verfügbare Presseartikel und die Stadtverordnetenversammlung November 2020). Leider haben sie auch dieses Mal verpaßt, eine konstruktive und den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger sowie weiterer Personen, welche den öffentlichen Raum der Stadt Kassel nutzen, angemessene Stellungnahme abzuliefern.

Daß der Ordnungsdezernent seine Mailkorrespondenz, in welcher er Bürgeranliegen (stellvertretend) ignoriert, mit der Signatur anderer Dezernatsmitarbeiter betreibt, kann sicherlich nur als temporäre Schwäche ordnungspolitischer Organisation im Kasseler Rathaus gelesen werden.

Während beide genannten Vertreter der Kasseler Kommunalpolitik sich zumindest qua Parteibuch der SPD zugehörig fühlen müßten, diese 15 % Partei derzeit immerhin auf Bundesebene versucht sich wieder ansatzweise ein „sozialdemokratisches“ Profil zuzulegen, scheint dies auf kommunaler Ebene leider nur bedingt zu funktionieren.

So bleibt uns also immerhin noch, sollte uns die gegenwärtig grassierende Seuche in absehbarer Zeit eine sichere Gelegenheit schaffen, die Bürgerinnensprechstunde in den Stadtteilen, um unsere Anliegen und Sorgen beim Oberbürgermeister erneut vorzutragen.

1 https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/01_archiv/2020/19_200313/index.php

2 https://ddrm.de/polizeiliche-videoueberwachung-des-luisenplatzes-in-darmstadt-und-das-grundrecht-auf-versammlungsfreiheit/

Keine Trackbacks