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:: Videoüberwachung in der Kasseler Innenstadt und die Frage der Hinweispflicht - ein Schriftverkehr mit dem Hessischen Datenschutzbeauftragten ::

In der aktuellen Diskussion um die Beschilderung von Videoüberwachungsanlagen respektive eine Hinweispflicht von deren Betreibern im öffentlichen Raum Kassel (siehe: https://netzpolitik.org/2017/kassel-treibt-videoueberwachung-trotz-ungeklaerter-rechtsgrundlage-voran) erreichte mich kürzlich der Schriftverkehr zwischen einem Bürger und der Behörde des Hessischen Datenschutzbeauftragten. Hier wurde im Jahr 2016 eine Anfrage gestellt, da der besagte Nutzer des öffentlichen Raumes zwar Videokameras, jedoch keine Beschilderung ausmachen konnte. Meines Wissens nach gab es zum Zeitpunkt des Schriftverkehrs die auch aktuell vorhandene Beschilderung. Jedoch ist dieser Fall sehr bezeichnend für die mangelhafte Verortung der Hinweisschilder zur Videoüberwachung in der Innenstadt Kassel, da diese tatsächlich so plaziert wurden, daß sie nur schwer zu entdecken sind oder gänzlich übersehen werden. Im weiteren verweist die hier einzusehende behördliche Antwort, welche jeglicher individuell-situativen Betrachtung des Falls seitens der Behördenmitarbeiterin mangelt, m.E. auf ein hohes Maß Unwissenheit zur lokalen Situation und/oder ein tatsächlich grundlegendes Desinteresse in bezug auf die Anliegen der Bürger, die hier offenkundig im Stile eines "copy and paste" Verfahrens bedient werden.

BeschilderungHeDaB.pdf

:: Kassel will die Videoüberwachung ausweiten ::

Die Kasseler Innenstadt soll sicherer werden, oder genauer, die Bürger und Nutzer des öffentlichen Raumes sollen eine Zunahme ihres Sicherheitsgefühls erfahren, wie es laut einem HNA Artikel von Oberbürgermeister Christian Geselle gewünscht wird.
https://www.hna.de/kassel/mitte-kassel-ort248256/videoueberwachung-fuer-gesamte-koenigsstrasse-in-kassel-geplant-9214880.html
Die Königsstraße soll im Zuge von Sanierungen mit Videokameras ausgestattet, respektive die gegenwärtige Überwachungsinfrastruktur erweitert werden. Hier gibt es bereits Videoüberwachung, wie es im HNA Artikel als auch auf dieser Seite dokumentiert ist. Bleibt nun die Frage, ob die Innenstadt derzeit so unsicher ist/empfunden wird, daß die vorhandene Anzahl an Kameras notwendigerweise erhöht werden muß? Neben den hohen erwartbaren Kosten für dieses Projekt ist und bleibt die Frage nach Grundrechtseingriffen durch Videoüberwachung zentraler Kritikpunkt in dieser Diskussion.
Wie so oft wird hier mittels medialer Inszenierung das Ausbauen und Erweitern optisch-elektronischer Einrichtungen, in Form von Videoüberwachung, als möglicher Heilsbringer in einer vermeintlich unsicheren Gesellschaft verkauft. Die Absicht kann nur sein, Engagement und Bereitschaft zur Bekämpfung von Gefahrensituationen zu zeigen, welche mit Blick auf gegenwärtige Kriminalitätsstatistiken sicher nicht erkennbar sind und wohl lediglich auf ein neues (Un-)Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung Bezug zu nehmen scheinen anstatt auf konkrete Bedrohungslagen oder ein Faktum im Rahmen der herbei geredeten präventiven Stärke von Videokameras im öffentlichen Raum.
Herr Geselle ist sich sicher, daß die Überwachung gut in der Bevölkerung ankommt, wie es in dem besagten HNA Artikel lautet. Hier spielt er gewiß auf das grundlegende Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung an. Doch Vorsicht ist geboten bei dem anvisierten Ziel einer Erhöhung des Sicherheitsgefühls. Spätestens dann, wenn in der Bevölkerung die Erfahrung gemacht wird, daß trotz einer flächendeckenden Videoüberwachung Straftaten nicht verhindert werden können (z.B. Taten im Affekt machen vor keiner Kamera halt / möglicherweise aber nachträglich Täter identifiziert), wird das subjektive Sicherheitsgefühl wieder sinken und die politisch fürsorglichen Intentionen sind dahin. „Die Menschen sollen in einer attraktiven Innenstadt künftig ein noch besseres Sicherheitsgefühl haben.“ Diese Absicht von Herrn Geselle ist sicherlich lobenswert, jedoch wird das Ergebnis allerhöchstens von temporärer Dauer sein können.
Wenn solche massiven kontrollierenden Eingriffe von staatlicher Seite wie die Videoüberwachung zur Diskussion gestellt werden, erscheint mir ein Blick auf die bereits vorliegenden wissenschaftlichen Arbeiten zu dieser Thematik als unumgänglich. Mittlerweile gibt es zahlreiche Untersuchungen, welche "Videoüberwachung" als Thema mit all ihren möglichen Facetten einer kritischen Betrachtung unterzogen haben. Einen kurzen und guten Überblick hat der Verein digitalcourage e.V. gegeben, wobei in einem Artikel die wesentlichen Aussagen und Ergebnisse unterschiedlicher Arbeiten zusammenfassend vorgestellt werden.
https://digitalcourage.de/videoueberwachung/materialsammlung
Mit einem besonderen Blick auf das hier aktuell in Kassel verhandelte "Sicherheitsgefühl" sei die Arbeit von Rothmann genannt:
www.nk.nomos.de/fileadmin/nk/doc/NK_032010_Rothmann.pdf
Zu der Situation in Kassel haben bereits auch Netzpolitik.org und die Datenschützer Rhein Main recherchiert und kommentiert:
https://netzpolitik.org/2017/kassel-plant-ausweitung-der-videoueberwachung-obwohl-die-kriminalitaet-sinkt/
https://ddrm.de/kasseler-oberbuergermeister-fordert-ausweitung-der-videoueberwachung-in-der-kasseler-innenstadt/

UPDATE 09.01.2018

https://netzpolitik.org/2017/kassel-treibt-videoueberwachung-trotz-ungeklaerter-rechtsgrundlage-voran/

Netzpolitik bleibt am Ball. Ist die Beschilderung zur Videoüberwachung in Kassel ausreichend und angemessen?

:: Surveillance under Surveillance - eine "Weltkarte der Videoüberwachung" ::

An dieser Stelle möchten wir auf ein Projekt names Surveillance under Surveillance hinweisen, welches unter Nutzung der OpenStreetMap (OSM) Karte alle darin verzeichneten (Video)überwachungs-Punkte auflistet. Diese "Weltkarte der Videoberwachung" ist wie sämtliche Eintragungen bei OSM auf eine aktive Nutzerschaft angewiesen. So zeigte sich, dass bis kürzlich für die Stadt Kassel auf der OSM Karte noch keine Orte der Videoüberwachung eingetragen waren. Durch den Anstoß von Surveillance under Surveillance haben wir nun die ersten Daten für Kassel (prominente Kameras in der Innenstadt) bei OSM eingespeist. Es bleibt somit die Aufforderung an alle Interessierten, bei der Vervollständigung der "Überwachungskarte" zu helfen und weitere identifizierte Orte der Überwachung bei OpenStreetMap einzutragen.

 

:: "Schulen in der Region finden das sinnvoll" - Videoüberwachung an Schulen ::

Die HNA für den Wolfhager Raum berichtet in einem Artikel über die Videoüberwachung an Schulen im Kreis Kassel, welche durch eine Einbruchsserie anscheinend für einige Leitungen von Schulen interessant zu werden scheint oder es bereits ist. Im Gegensatz zur Stadt gibt es laut HNA im Landkreis bisher noch keine Videoüberwachungsanlagen an Schulen. Wir behalten die Entwicklung im Blick.

https://www.hna.de/lokales/wolfhagen/kreis-kassel-ort306256/vielen-schulen-wird-jetzt-eine-videoueberwachung-diskutiert-6075384.html

Eine Stunde später erscheint bereits der nächste Artikel mit der selben Thematik in der HNA für den Kreis Kassel: Die Schulen im Landkreis wollen nun keine Videoüberwachung.

http://www.hna.de/kassel/kreis-kassel/schulen-landkreis-kassel-wollen-keine-videoueberwachung-6075950.html

 

Einige Gedanken zur Videoüberwachung an Schulen finden Sie hier:

https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/videoueberwachung-an-schulen-schutz-oder-beeintraechtigung-der-schueler/

:: Die Probleme der Kasseler Innenstadt - Eine Wortmeldung aus dem Hunsrück ::

Die Hunsrücker Allgemeine identifiziert in der Kasseler Innenstadt so manche Probleme und leistet der CDU entsprechende Schützenhilfe. Kaugummis, Parkgebühren, Trinker usw. sind die gegenwärtigen Störfaktoren in der christlich-demokratischen Modellierung einer "sauberen Stadt", welche bitte im Sinne einer stringenten "Law-and-Order" Politik mit einer Aufstockung des Ordnungsamtpersonals, Ausdehnung der "Alkoholverbotszonen" und natürlich mehr Videoüberwachung usw. herbeizuführen sei. Die "Zustände in der Innenstadt" ließen sich nach christdemokratischer Meinung durch Lösung der Blockadehaltung von SPD und Grünen lösen. Wir hingegen denken, dass sich die "Zustände in der Innenstadt" durch Lösung der Blockadehaltung aller "Stadterneuerer" mit Blick auf eine Ausweitung von bspw. mehr Sozialarbeit und einer Arbeit an den Ursachen von Devianz und "Abweichung" verändern können und eben damit nicht halbjährlich wiederholend die gleichen lahmen Floskeln durch die Presse und das Rathaus gejagt werden müssen. Grüße in den Hunsrück.

http://www.mittelrhein-tageblatt.de/kassel-probleme-in-der-innenstadt-cdu-entschlossenes-handeln-noetig-parkgebuehrensenkung-jetzt-14224